Antwort von Robert Gebhardt, Sachkundiger Bürger im UWE-Ausschuss der Gemeinde Swisttal zum Leserbrief von Herrn Michael Lenz, Swisttal-Morenhoven im General-Anzeiger Bonn vom 04.11.2014 „Geht es wirklich um die Bürger?“
Sehr geehrte Herr Lenz,
ich möchte mich an dieser Stelle als persönlich Angesprochener zu Ihrem Leserbrief äußern.
Sie schreiben in Ihrem Leserbrief von einem Bürgerentscheid. Grundlage für einen Bürgerentscheid bzw. ein Bürgerbegehren ist der § 26 der Gemeindeordnung NRW. Was hier in Swisttal durchgeführt wurde ist aber eine Bürgerbefragung. Ich möchte hier die in Bezug auf die erfolgte Befragung relevanten Unterschiede dieser beiden Beteiligungsformen gegenüber stellen.
Bürgerentscheid:
– Ein Bürgerentscheid wird von einer Gebietskörperschaft (hier: Gemeinde Swisttal) durchgeführt. Damit ist auch der Kreis der Wahlberechtigten festgelegt (hier: Alle Wahlberechtigten der Gemeinde Swisttal)
– Für einen Bürgerentscheid gelten die gesetzlichen Bestimmungen wie bei einer Wahl
– Für einen Bürgerentscheid gelten Zustimmungsquoren. So müssen in NRW 20% der Bürger mit ja stimmen. (20% der Bürger in Swisttal sind gem. den Angaben der Wahlberechtigten der letzten Kommunalwahl 2930 Personen)
– Das Ergebnis eines Bürgerentscheids ist verbindlich und einer Entscheidung des Rates gleichgestellt.
Eine Bürgerentscheid steht also auf festen demokratischen Grundlagen.
Bürgerbefragung:
– Für eine Bürgerbefragung gibt es keine festgeschriebenen Regelungen!
– Das Ergebnis einer Bürgerbefragung hat empfehlenden Charakter
Ich möchte Ihnen gegenüber auch noch folgende Anmerkungen zu der in Swisttal durchgeführten Bürgerbefragung machen:
– Die Befragung wurde unter großem, meiner Meinung nach gezielt aufgebautem Zeitdruck
vorbereitet und durchgeführt. Eine neutrale Information der Befragten wurde seitens der
Verwaltung abgelehnt.
– Die Fragestellung der Bürgerbefragung unterscheidet sich deutlich von jener im Rat:
„Wollen Sie einen Nettomarkt in Buschhoven, Am Fienacker?“
entgegen
„Stimmen Sie einer Ausnahmegenehmigung zum Einzelhandelskonzept der Gemeinde Swisttal und
damit der Änderung des Bebauungsplanes zu?“
– Ein Informationsschreiben, wie bei einem Bürgerentscheid möglich, in dem die Gemeinde Vor-
und Nachteile der möglichen Beantwortung der Entscheidungsfrage gleichberechtigt auflistet, war
ausdrücklich nicht gewollt und wurde sogar verhindert.
Dies zeigt mir, dass hier die Pflicht zu neutraler Information verletzt und sich partei- bzw. zweckpolitische Interessen unter dem Deckmantel der Bürgerbeteiligung durchgesetzt haben.
Sehr geehrter Herr Lenz, es liegt nun an Ihnen, die o.a. Fakten für sich (neu) zu bewerten.
Ich war selbst als Sachkundiger Bürger betroffen und habe mich in der gemeinsamen Sitzung des Planungs- und Verkehrsausschusses sowie des Umweltschutz-, Wirtschaftsförderungs- und Energieausschusses in der Frage der Durchführung des Bürgerentscheides enthalten.
Ich konnte nicht mit „Nein“ stimmen, weil ich für Bürgerbeteiligung bin.
Ich konnte nicht mit „Ja“ stimmen, weil ich für echte Bürgerbeteiligung im Rahmen eines Bürgerentscheid ohne wenn und aber bin. Ich stehe nicht für parteipolitisch inszenierte Beteiligung je nach Interessenlage.
Mein Fazit: Bürgerbeteiligung ja, dann aber auch richtig!
Dies wird mir um so mehr deutlich, als im Rahmen der weiterführenden Diskussionen in anderen Parteien selbst die Bürgerbefragung als Ultima Ratio – als letzte Möglichkeit gesehen wurde. Von einem Bürgerentscheid gar war niemals die Rede.
Bürgerbeteiligung als Ultima Ratio – als letzte Möglichkeit? Ist das eine Bürgerbeteiligung, wie Sie Sie verstehen?
Robert Gebhardt
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